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Nachhaltiger Beton

Von Wüstensand bis Müllverbrennungsasche

Ohne Beton läuft nichts auf dem Bau. Das ist Fluch und Segen zugleich: Was die CO₂-Bilanz angeht, ist Beton nämlich alles andere als grün. Dazu verschlingt er Unmengen an Rohstoffen. Höchste Zeit für Alternativen! PROFIBLICK hat sich umgeschaut und spannende, zukunftsträchtige Betonrezepturen gefunden, die die Bauindustrie revolutionieren könnten.

Beton braucht Sand, Kies, Zement und Wasser, um als Hochleistungsbaustoff ganze Infrastrukturen „zu tragen“. Gleichzeitig steht der Bausektor vor der Herausforderung, CO2-Emissionen und Ressourcen einzusparen, sowohl im Neubau als auch in der Sanierung. Spricht man von „grünem Beton“, sind daher unterschiedliche Dimensionen angesprochen: Zum einen geht es der Materialforschung darum, Beton so zu optimieren, dass er bereits bei der Herstellung weniger CO₂ verursacht. Beispielsweise, indem emissionsintensive Ressourcen wie Sand- oder Zementalternativen nutzbar gemacht werden. Aber auch bei der Reparatur von Beton ist Kreativität gefragt, denn die Sanierung von beschädigtem Beton schlägt jährlich mit Milliarden zu Buche. Bio-inspirierte Ansätze mit Enzymen und Bakterien könnten hier den Unterschied machen. Ein Blick auf den Stand der Forschung.

Mehr Grün im Grau: Science-Fiction oder neuer Status quo?

#1 Selbstheilender Beton

An der TU Delft wurde eine Technologie entwickelt, die kleine Risse und Schäden im Beton durch chemische Prozesse oder mikrobielle Aktivität autonom repariert, was auf Haltbarkeit und Langlebigkeit von Betonstrukturen einzahlt. Basilisk Concrete setzt dafür auf kalkproduzierende Bakterien: Konkret werden Bakteriensporen in zwei bis vier Millimeter großen Tonpellets eingekapselt und dem Betonmix beigemischt, zusammen mit separat eingeschlossenem Stickstoff, Phosphor und einem Nährstoff. Diese Einkapselung gewährleistet, dass die Bakterien erst reagieren, wenn Wasser in die Betonkonstruktion eintritt. Der CO2-Ausstoß wird geschätzt um 30 bis 50 Prozent reduziert.

Auch Forschende der Hochschule München entwickelten ein Verfahren, das die effiziente Kultivierung von kalkproduzierenden Bakterien – Mikroorganismen der Art Sporosarcina pasteurii – und damit den kommerziellen Einsatz von „selbstheilendem Beton“ möglich macht. Die im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes MicrobialCrete entwickelte Methode ist nicht nur umweltfreundlich, sie basiert auf nachwachsenden Rohstoffen und steigert die Produktion der Mikroorganismen um ein Fünffaches.

Am Worcester Polytechnic Institute hingegen setzt man auf Enzyme, die den roten Blutkörperchen entstammen und mit CO2 reagieren. So entstehen Kalziumkarbonat-Kristalle, die in Struktur und Festigkeit den Beton nachahmen. Anders als Bakterien brauchen die Enzyme nach Angaben der Forscher nur sechs bis 24 Stunden statt einen Monat, um einen kleinen Riss zu heilen. Die Forscher gehen davon aus, dass selbstheilender Beton die Lebensdauer einer Struktur von 20 auf 80 Jahre verlängern könnte.

Quelle: Futurium - Exponat der BAM auf der Futurium-Ausstellung Schätze der Zukunft

#2 Biobeton aus Zementersatz

Bis 2050 will die Zementindustrie CO₂-frei sein. Was wie ein kühner Traum klingt, könnte mit Ansätzen aus Maniokasche, Wüstensand und amorpher Kieselsäure wahr werden.

Forscher der BAM haben eine innovative Methode entwickelt, Asche aus den Schalen von Maniokwurzeln als umweltfreundlichen Zementersatz zu verwenden. Diese Asche enthält Siliziumdioxid und Aluminiumoxid und bietet somit eine lokale Alternative zum herkömmlichen Zement. Durch diese Technologie wird nicht nur Abfall reduziert, es werden auch CO2-Emissionen minimiert und die regionale Entwicklung in Westafrika gefördert. In Deutschland wird aktuell die Forschung nach alternativen einheimischen Pflanzen vorangetrieben, die als nachhaltige Zementersatzstoffe dienen könnten.

Studenten des Imperial College in London haben ebenfalls Großes vor: Mit Finite entwickelten sie einen Kompositwerkstoff aus Wüstensand, der so stabil wie Beton oder Ziegel ist. Ein organisches Bindemittel ersetzt dabei den Zement und senkt den ökologischen Fußabdruck.

Das Fraunhofer IBP forscht an einem ungewöhnlichen Baustoff aus der Diatomeenerde von Kieselalgen. Durch die Verwendung dieses Abfallprodukts können wichtige Stoffe während des Herstellungsprozesses entstehen, die die Festigkeit des Baustoffs erhöhen und Schrumpfung reduzieren. Die Idee, Sand durch amorphe Kieselsäure zu ersetzen, könnte die mechanischen Eigenschaften des Porenbetons verbessern und somit eine nachhaltige Alternative für den Baubereich darstellen.

Nicht zuletzt treibt die ETH Zürich mit ihrem „Ultra Green Concrete“-Ansatz, der eng mit dem „Limestone Calcined Clay Cements“ (LC3) Projekt der EPFL verbunden ist, die Produktion CO2-freien Beton voran: Das Forscherteam will Zement aus Klinker, gebranntem Ton und Kalkstein herstellen, was den CO₂-Ausstoß um 40 Prozent reduzieren könnte. Franco Zunino von der ETH Zürich setzt auf eine Doppelstrategie: weniger Klinker und insgesamt weniger Zement im Beton. Die Flexibilität dieser Strategie ermöglicht es, kohlenstoffarme Betonzusammensetzungen individuell an verschiedene Märkte anzupassen.

@Costa Belibasakis/TH Köln

#3 Beton aus Müll

Jedes Jahr bleiben 5,7 Millionen Tonnen Müllverbrennungsaschen (MV-Aschen) ungenutzt. Dabei könnten diese mineralischen Stoffe natürliche Ressourcen wie Kies oder Sand ersetzen. Das Projekt ASHCON der TH Köln nutzt diese Asche zur Herstellung von Beton, indem sie mineralische Gesteinskörnungen gewinnen und bis zu 50 Prozent des Kieses durch MV-Asche ersetzen. Das Ergebnis? Beton mit fast unveränderten Eigenschaften. Das Projektteam prüft nun die Umweltauswirkungen und die Möglichkeit, diese Reststoffe zirkulär zu nutzen.

Im Projekt ASHCON arbeitet die TH Köln an einem Verfahren, um Müllverbrennungsaschen (MV-Aschen) für die Betonherstellung nutzbar zu machen. Dazu wurden Probekörper mit MV-Asche (links im Bild) hergestellt und mit Probekörpern, die nach einer Standardrezeptur gefertigt wurden (rechts im Bild), verglichen.

#4 Textiler Beton   

Seit Jahren wird mit Textilbetonen geforscht, da sie zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichem Stahlbeton bieten: Sie sind leichter, benötigen weniger Betonüberdeckung und ermöglichen schlankere Baukonstruktionen. Zudem ist ihre Herstellung energieeffizienter und umweltfreundlicher. Bislang wird Textilbeton jedoch häufig mit Glasfaser-, Carbon- oder Kunststoffgeweben produziert. Auf die Frage, ob es eine ökologischere Alternative zu Stahl- oder synthetisch bewehrtem Beton gibt, haben Fraunhofer-Forschende eine mögliche Antwort: Naturfaserbewehrter Textilbeton auf Basis von Flachs. Durch spezielle Behandlungen sind diese Fasern nicht nur haltbar, sondern auch umweltfreundlich. Das verwendete Epoxidharz besteht größtenteils aus Pflanzenbiomasse, was die Nachhaltigkeit weiter steigert. Tests zeigten, dass der mit Naturfasern bewehrte Beton eine höhere Bruchlast aufweist.

Fazit

Auf Beton komplett zu verzichten – zumindest im großen Stil – funktioniert nicht. Zu groß sind die Folgeprobleme, wie Dr. Wolfram Schmidt von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und Pionier des Biobetons erläutert: „Würden wir Beton beispielsweise durch Holz ersetzen, wäre unser Planet sehr schnell sehr kahl. Es gibt Potenzial, Beton durch andere Baustoffe zu ersetzen – aber es ist schlicht aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit begrenzt.“

Gleichzeitig bleibt die Frage, warum sich alternative Rohstoffe nur langsam durchsetzen. Dazu führt Schmidt in einem Interview neben der Komplexität und langsamen Anpassung der Normierung historische Gründe an und plädiert für mehr Offenheit: „Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben die Betonstandards geprägt. Seit Jahrzehnten lautet das Mantra: Mehr Zement ist gut, denn dies wird als sicher und dauerhaft betrachtet. Aber so extrem hohe Festigkeiten werden nur ganz selten gebraucht, und wir können auch mit wenig Zement hohe Festigkeit und Dauerhaftigkeit erzielen. Es widerspricht dem Stand der Forschung, in den Zementnormen die Rohstoffe festzuschreiben.“ Stattdessen schlägt er Normen für chemische Prozesse vor, an deren Ende rohstoffunabhängig verlässliches wie sicheres Baumaterial steht. Damit könnte jeweils der dann regional klimafreundlichsten Zementersatz ohne Qualitätsverluste genutzt werden.

Dass eine graue Industrie zunehmend grüner werden könnte, inspiriert. Möglicherweise ja auch zu mehr Offenheit und Anwendergeist.

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